Elektronikhersteller setzt auf Kundenbindung

Elektronikfertiger Turnarround

Elektronikhersteller gerade aus dem Hochpreisland Deutschland haben es im derzeitigen Marktumfeld nicht leicht. Die EPS Electronic Products & Systems GmbH aus Siegen verkörpert den Wandel von der traditionellen Produktionsfirma hin zu einem innovativen Unternehmen, das den modernen Herausforderungen mit geschickten Führungsstrategien und neuesten technologischen Entwicklungen begegnet. Das Unternehmen blickt auf eine ebenso erfolgreiche wie bewegte Vergangenheit – und schöpft genau aus diesem Mix die Zuversicht, Kraft und Resilienz für die nächsten Jahre. In diesem Artikel berichten wir über das Praxisbeispiel: Vom Philips-Werk in Siegen zum modernen Unternehmen – Erfolg durch innovative Führung und Flexibilität.

Im Gastbeitrag erklärt Geschäftsführer Andreas Blaut, wie auch kleinere mittelständische Elektronikfertigern so professionell agieren können wie ein Global Player.

Vom Philips-Erbe zur modernen Elektronikfertigung

Die EPS GmbH hat einen bemerkenswerten Weg hinter sich. Der Schlüssel zum heutigen Unternehmen lag nicht nur in technologischen Investitionen, sondern vor allem in einer neuen Führungskultur und einem klaren Fokus auf Qualität, Partnerschaftlichkeit und Flexibilität. Einer Flexibilität, die dem Unternehmen heute noch eher den Charakter eines Startups verleiht als den eines traditionellen deutschen Mittelständlers.

Historie: Die Wurzeln der Firma reichen zurück zum ehemaligen Philips-Werk in Siegen. Als Philips den Standort aufgab, wurde EPS zunächst Teil des Unternehmens PSI, das Industriedrucker herstellte. PSI nutzte die bestehende Infrastruktur und das Know-how des ehemaligen Philips-Personals für die eigene Elektronikfertigung. Doch bereits 2002 wurde die EPS GmbH ausgegliedert und wurde eigenständig.

Die folgenden Jahre waren von Herausforderungen geprägt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise Ende der ersten Dekade des neuen Jahrtausends beutelte den gesamten deutschen Mittelstand – und damit auch unser Unternehmen. 2012 musste EPS schließlich Insolvenz anmelden, wurde jedoch von der Stemas AG übernommen. Seitdem agiert EPS als eigenständiges Unternehmen innerhalb einer Elektronikgruppe, zu der auch Elprog, Frank, Eker und Pressfinish gehören.

Neben dem Wissenstransfer und einer deutlich höheren Markttransparenz profitiert das Unternehmen nun von der finanziellen Sicherheit durch die Muttergesellschaft.

Herausforderungen und Transformation ab 2021

 © Andreas Blaut, EPS

Ein bedeutender Umbruch erfolgte 2021 mit dem altersbedingten Wechsel in der Geschäftsführung – mitten in der Corona-Krise. Neben massiven Beschaffungsproblemen bei elektronischen Bauteilen standen auch interne Herausforderungen an: fehlende Führungsstrukturen, abwanderndes Know-how durch die Verrentung der „Baby-Boomer“ unter den Beschäftigten sowie ein Fachwissen, das seit der Philips-Ausgründung nur rudimentär weiterentwickelt worden war.

Doch dieser Moment war für uns nicht nur Herausforderung, sondern vor allem Chance. Wir wollten wachsen, nicht weichen. Die Folge: ein grundlegender Wandel in der Führungsstruktur und -kultur.

Bemerkenswert: Seit 2021 hat EPS ein Wachstum von 40 Prozent verzeichnet und zahlreiche Investitionen getätigt – mit Erfolg: 2024 wurde der Turnaround offiziell abgeschlossen.

Viele Anbieter und Wettbewerber erfordern einen einzigartigen USP

Machen wir uns nichts vor: Elektronikhersteller gibt es fast so viele wie Sand am Meer. Allein in Europa sind es 2.000. Und in Deutschland ist die EPS GmbH nur eines von rund 1.000 Unternehmen, das Elektronik fertigt.

Blick hinter die Kulissen: Zwar besitzt EPS nicht die allerneuesten Maschinen, doch das Unternehmen hat sich auf State-of-the-Art-Niveau etabliert und kann selbst winzigste Bauteile der Größe 01005 verarbeiten.

Die Preise sind in Deutschland wettbewerbsfähig, auch wenn sie mit Osteuropa oder China nicht vollständig mithalten können. Daher setzt EPS nicht auf Preisführerschaft, sondern auf andere Stärken: Verlässlichkeit, einen partnerschaftlichen Umgang und eine hohe Servicequalität. Kunden sollen sich gut aufgehoben fühlen – ein emotionaler Mehrwert, der in der Branche oft vernachlässigt wird.

Die Elektronikfertigungsbranche ist hart umkämpft. Große Unternehmen dominieren mit Skaleneffekten, während kleinere Mittelständler oft in Nischen erfolgreich sind. EPS positioniert sich dazwischen: professioneller als viele andere Mittelständler, aber flexibler als die Branchenriesen. Kunden profitieren vom Dialog auf Augenhöhe, der schnelle Reaktionszeiten und individuelle Lösungen ermöglicht.

EPS als Arbeitgeber mit modernem Umfeld und Startup-Spirit

Intern hat sich EPS stark gewandelt. Das Unternehmen versteht sich heute als modernes, fast wie ein Startup agierendes Unternehmen mit einer transformationalen Führungskultur. Die Entscheidungswege sind kürzer, die Eigenverantwortung wird gefördert, und Gestaltungsfreiräume sind ausdrücklich erwünscht. Auch wenn die Räumlichkeiten noch nicht ganz zur neuen Kultur passen, wird kontinuierlich daran gearbeitet.

Turnarround Elektronikfertiger

Bildquelle: Freepik, ijeab

Die Unternehmenskultur basiert auf den Werten Partnerschaftlichkeit, Professionalität und Flexibilität. Besonders auffällig ist die hohe Wandlungsbereitschaft – nicht nur bei jungen Mitarbeitern, sondern auch bei erfahrenen Kräften, die aktiv an den Veränderungsprozessen mitwirken.

Strategie und Zukunftspläne im Zeitalter des Raubtierkapitalismus

Wie geht es weiter? EPS investiert weiter – sowohl in Maschinen als auch in Menschen. Das Unternehmen plant eine Erweiterung seines Wertschöpfungsangebots, neue Fertigungslinien sowie zusätzliche Test- und Trennverfahren. Die digitale Sicherheit wird ebenfalls ein Schwerpunkt bleiben. In der Digitalisierung will EPS seine Prozesse weiter optimieren, etwa durch KI-gestützte Fertigungsplanung oder die Integration von E-Mails in das ERP-System.

Auch der Service-Gedanke wird weiter forciert. Ziel ist es, den Kunden nicht nur ein Produkt, sondern eine echte Partnerschaft zu bieten. Darüber hinaus prüft EPS strategische Kooperationen – sowohl mit Schwesterunternehmen als auch mit regionalen Partnern. Ein weiteres Wachstum durch Zukäufe ist ebenfalls denkbar. Wachsen und dabei so kundennah wie möglich bleiben – das ist die Vision von EPS und der USP im Zeitalter zunehmenden internationalen Wettbewerbs und Preisdrucks.

Die Elektronikbranche steht vor immensen Herausforderungen: Fachkräftemangel, Digitalisierung, ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld, besonders im Inland. EPS begegnet diesen Themen aktiv. Bei der Rekrutierung setzt das Unternehmen auf Direktansprache und überzeugt Bewerber durch seine Vision und die Unternehmenskultur. Auch die Digitalisierung ist in vollem Gange – von vernetzten Maschinen bis hin zur KI-gestützten Materialbeschaffung.

Problematisch ist hingegen die für KMUs schwer zu erreichende Förderung in Deutschland. Während große Konzerne aus dem In- und Ausland von der amtierenden (und vermutlich auch der künftigen) Bundesregierung massiv unterstützt werden, etwa bei der Ansiedlung neuer Fabriken (die dann, siehe Chip-Werk in Sachsen-Anhalt, doch nicht kommen), muss EPS sämtliche Investitionen eigenständig stemmen. Zudem bleibt der Preisdruck durch ausländische Wettbewerber hoch, auch wenn Kunden die regionalen Vorteile zunehmend erkennen.

Dennoch sieht EPS große Chancen: Durch eine konsequente Stärkung der Marke, die Betonung von Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Sicherheit sowie die schnelle Umsetzung von Trends kann das Unternehmen wachsen. Die klare Strategie sorgt dafür, dass neue Entwicklungen nicht nur verfolgt, sondern gezielt bewertet und implementiert werden.

Es gibt nur eine Alternative zum Wandel und Wachstum: keine

EPS hat sich von einem einst patriarchisch geführten Unternehmen zu einem modernen Elektronikfertiger mit transformationeller Führung entwickelt. Die Investitionen in Maschinen, Prozesse und Personal zeigen Wirkung – und die positive Aufbruchsstimmung ist deutlich spürbar. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten blickt EPS optimistisch in die Zukunft. Die Kombination aus professionellem Service, technologischer Kompetenz und einer partnerschaftlichen Unternehmenskultur macht EPS zu einem starken Player in der deutschen Elektronikbranche.

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