Die Diskussion um die sogenannte Digitalsteuer ist nicht unbedingt neu, aber dennoch absolut aktuell. Unser Artikel vermittelt das nötige Grundlagenwissen, klärt über die Vor- und Nachteile einer Digitalsteuer auf und befasst sich mit den neusten Entwicklungen hinsichtlich der Einführung einer solchen Besteuerung in Europa und auf nationaler Ebene.
Was genau versteht man unter der Digitalsteuer?
Große Konzerne wie Google, Amazon, Facebook oder Apple (kurz GAFA), deren Geschäfte sich auf die Onlinewelt beziehen, bieten ihre Leistungen überall auf der Welt an und überschreiten damit die Grenzen, innerhalb derer sich herkömmliche Unternehmen bewegen. Das Steuergesetz ist aber auf gewöhnliche Unternehmen mit festem Standort und ohne digitalen, grenzüberschreitenden „Vertrieb“ ausgelegt. Daher ist es digitalen Unternehmen möglich, Gewinne in einem Land zu erzielen, ohne dass diese steuerlich erfasst werden. Und zwar immer dann, wenn sie keine Betriebsstätte in diesem Land unterhalten. Vergleicht man die durchschnittlichen Effektivsteuersätze von digitalen und herkömmlichen Unternehmen in der EU, wird klar, warum über eine Digitalsteuer gesprochen werden muss: Während der Satz für „normale“ Unternehmen im Schnitt bei rund 20 % liegt, liegt er bei Digital-Konzernen bei durchschnittlich 8,5 % und wird durch clevere Steuerplanung und Begünstigungen nicht selten auf 0 % reduziert. Im Grunde genommen soll eine Digitalsteuer das Steuerrecht an die neuen Anforderungen anpassen, welche die Zunahme und der immer größere Erfolg digitaler Unternehmen mit sich bringen.
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Wie soll die Digitalsteuer umgesetzt werden
Ein erster Vorschlag der EU-Kommission sieht eine juristische Definition einer digitalen Betriebsstätte vor. Hat ein digitales Unternehmen einen Kundenstamm sowie ein gewisses Umsatzvermögen in einem Land, hätte es dort dann automatisch eine digitale Betriebsstätte und müsste demnach Steuern zahlen.
Digitalsteuer – Pro und Contra
Ganz so einfach ist das aber leider nicht. Denn nicht umsonst wird die Digitalsteuer europaweit diskutiert. Wir haben die Punkte, die für und gegen die Einführung einer Digitalsteuer sprechen, für Sie zusammengefasst:
Die Digitalsteuer ist fair
Digital-Konzerne, deren Geschäftskonzepte sich hauptsächlich aus immateriellen Vermögenswerten zusammensetzen, bezahlen, wie bereits beschrieben, einen geringen Steuersatz und können diesen durch Steuerbegünstigungen und -planung nochmals schmälern. In Irland bezahlte die Firma Apple 2014 einen Steuersatz von gerade einmal 0,005 %, während bei lokalen Kleinunternehmen die Umsatzsteuerpflicht gilt. Gerechtigkeit sieht anders aus.
Die Digitalsteuer bringt der EU Geld
Schätzungen zufolge soll davon ausgegangen werden, dass eine Digitalsteuer der EU rund fünf Milliarden Euro einbringen könnte. Das Geld würde dann anhand des jeweiligen Geschäftsanteils auf die verschiedenen Länder verteilt werden. Diese Schlussfolgerung bezieht sich auf die Annahme, dass Umsätze, die durch Geschäfte mit Kundendaten erzielt werden, mit 3 % besteuert werden sollen.
Uneinigkeit in der EU
Damit sich eine Digitalsteuer effektiv umsetzen lässt, müsste sie bestenfalls weltweit gelten. Doch schon innerhalb der EU gibt es große Unstimmigkeiten. Ob sich auf dieser Grundlage überhaupt ein vernünftiges Gesetz erarbeiten lässt, ist fraglich.
Drohender WTO-Prozess
Seitens der US-Regierung stößt die Planung einer Digitalsteuer nicht gerade auf Begeisterung. Diese sieht die Digitalsteuer als Bruch der Vereinbarungen mit der Welthandelsorganisation WTO.
Verschärfung des Handelsstreits
Des Weiteren könnte die Einführung der Digitalsteuer, so Kritiker, Benzin ins ohnehin schon lodernde Feuer des anhaltenden Handelsstreits gießen. Sie befürchten, dass das Prinzip der Digitalsteuer in diesem Falle auch anderweitig Anwendung finden könnte. Ein Beispiel: Man könnte auf die Idee kommen, europäische Autohersteller nun dort zu besteuern, wo sie ihre Autos verkaufen, anstatt dort, wo sie hergestellt werden.
Nachteile für Bürger
So mancher Kritiker kommt auch immer wieder auf die potenziellen Nachteile zu sprechen, welche die Einführung einer Digitalsteuer für die EU-Länder mit sich bringen könnte. Damit wird auf die Möglichkeit, dass amerikanische Digital-Unternehmen sich vom europäischen Markt zurückziehen und uns so letztlich ohne GAFA zurücklassen könnten, angespielt.
EU-weite Digitalsteuer: Scheitern im März 2019
Mitte März wurde bereits über eine EU-weite Digitalsteuer abgestimmt – mit eher ernüchterndem Ergebnis. So wirklich überrascht hat dies allerdings kaum einen. Schließlich hätte der Erlass einstimmig beschlossen werden müssen. Irland beherbergt den Hauptsitz von Spotify, während Schweden Facebook im Rücken hat. Darüber hinaus entschieden sich auch Finnland und Dänemark gegen das vorgesehene Gesetz. Deutschland und Frankreich kündigten an, weiter am Ball zu bleiben und auf die Digitalsteuer zu bestehen – zur Not auch auf nationaler Ebene.
Aktuell: Frankreich und Österreich stimmen für die Digitalsteuer
Die französische Regierung hat ihr Versprechen gehalten. Beim Votum der französischen Nationalversammlung wurde die Einführung der Digitalsteuer beschlossen. Die Steuer soll rückwirkend ab dem 01.01.2019 gelten. Betroffen sind Digital-Konzerne, die weltweit mindestens 750 Millionen und in Frankreich mindestens 25 Millionen Umsatz machen. Hier gilt die bereits erwähnte Drei-Prozent-Regelung. Mit ihr sollen, wie die Regierung erwartet, 2019 rund 400 Millionen Euro ins Land fließen. Österreich führte die Digitalsteuer bereits vergangene Woche ein. Auch hier sollen die betroffenen Unternehmen mit einem Mindestumsatz von 750 Millionen Euro zur Kasse gebeten werden – allerdings erst ab 2020. Den Steuersatz setzt Österreich mit ganzen 5 % deutlich höher an.
Wie könnte es für Deutschland weitergehen?
Nach dem Scheitern des EU-weiten Abkommens kommt für Deutschland, laut Regierung, nur noch eine globale Lösung in Frage. Bis 2020 will man sich auf internationaler Ebene auf einen Mindeststeuersatz geeinigt haben. Sollte sich auch dieses Vorhaben nicht umsetzen lassen, möchte man erneut über eine Besteuerung auf nationaler Ebene, nach dem Beispiel von Österreich und Frankreich, nachdenken.
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