Niedrigeres BIP im Saarland wegen schwächelnder Automobilindustrie
Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) ist eine weltweit angesehene Größe zur Messung der wirtschaftlichen Leistungskraft in bestimmten Zeiträumen. Im Saarland ist der Anteil der Automobilindustrie am BIP außerordentlich hoch. Das Bundesland hat 44.000 Angestellte im Bereich der Automobilindustrie, die sich allerdings nach den Entwicklungen des letzten Jahres Sorgen machen müssen. Unser Artikel klärt über die Gründe für die schwächelnde Automobilindustrie auf und wagt einen Blick auf die Zukunft.
Autor: Thomas W. Frick, 31.01.2020, Thema: Zahlen und Beispiel zur schwächelnde Automobilindustrie
Zahlen und Fakten zur Automobilindustrie des Saarlands
Die Zahlen und Fakten geben einen beeindruckenden Einblick in die Automobilindustrie des Bundeslandes. Hierzu gehört einerseits die Tatsache, dass von den 100 weltweit umsatzstärksten Automobilzulieferern jedes Sechste eine Niederlassung im Saarland hat. Zudem sind 80 % aller Automobilwerke in Europa mit 500 Kilometern lediglich eine Tagesfahrt vom Saarland entfernt. Das Saarland hat sich einen Namen als Bundesland der kurzen Wege gemacht, weswegen es sogar größere und mächtigere Bundesländer durch die Infrastruktur sowie Beschleunigung im Verkehr übertrumpft.
Allerdings hat das vergangene Jahr den Blick auf dynamische Defizite in der Automobilindustrie freigemacht. Wer nach Ursachen dafür sucht, wird mitunter eine mangelhafte Ausrichtung mit Blick auf die Zukunft entdecken. Viele Fragen sind noch ungeklärt, so beispielsweise jene nach den Antriebsarten für die nächsten Jahrzehnte. Und wenn dann doch auf Themen für die Zukunft, wie beispielsweise die E-Mobilität, gesetzt wird, ergeben sich Hürden durch die Politik:
Von erschwerenden Regelungen zur Installation eigener Ladestationen bis hin zu einer mangelhaften Förderung öffentlicher Ladestationen. Letzten Endes führten all diese Faktoren und weitere unternehmensspezifische Aspekte zu einer hohen Anzahl an Stellenstreichungen im Saarland. Dies wirkte sich negativ auf das BIP aus. Einige Mitarbeiter wurden entlassen, andere wiederum in Rente geschickt. Die entlassenen Personen suchten nach Ausschreibungen von Unternehmen, aber aufgrund der Hürden in der Gesetzgebung fürs Kurzarbeitergeld sind Neuanstellungen sowie Qualifizierungsmaßnahmen in Betrieben erschwert.
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Ausblick auf die Zukunft
Die aktuelle Lage spiegelt einen Abwärtstrend wider. Angesichts der Tatsache, welch eine wichtige Rolle die saarländische Automobilindustrie in der gesamten Wirtschaft des Bundeslandes einnimmt, ist dies ein Warnsignal für die Zukunft, aber auch für andere Bundesländer. Doch ein objektiver Blick auf das vergangene Jahr zeigt inmitten der Negativtendenzen einen großen Erfolg des ZF-Werks in Saarbrücken auf. Außerdem, bei einer Sichtweise über den Tellerrand hinaus, wird deutlich, dass das Saarland über gute Voraussetzungen verfügt, um die Zukunft positiv zu prägen.
Faktoren, die die Zukunft ungewiss gestalten
Von den 44.000 Beschäftigten im Fahrzeugbau im Saarland (Stand: September 2019) arbeitet ein erheblicher Anteil am Verbrennungsmotor. Sollte dieser jedoch wie prognostiziert an Bedeutung verlieren, so würde sich für Unternehmen und Angestellte eine große Umstellungsphase ergeben. Diese Umstellungsphase würde neue Strukturen sowie Qualifikationen seitens der Mitarbeiter erfordern.
Auch wird die Unsicherheit in der Zukunft durch Maßnahmen wie die des Ford-Werkes in Saarlouis gefördert: Der Fahrzeughersteller hat einerseits 1.600 Arbeitsplätze allein in Saarlouis abgebaut, andererseits die Produktion eines PKW-Modells eingestellt. Fords Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen, da der Hersteller mit Fremdfirmen zusammenarbeitet, die Teile fertigen und zuliefern. Ein PKW-Modell weniger bedeutet zahlreiche Teile weniger, was bei den Zulieferern Arbeitsplätze gefährdet: Mehrere Hundert Angestellte und deren Zukunft stehen dadurch in der Schwebe.
Neben Ford haben die Unternehmen BOSCH, Eberspächer sowie die Gusswerke Saarbrücken Entlassungen vorgenommen; um nur einige renommierte Fälle zu nennen,… Insgesamt ist von 3.000 Stellenstreichungen die Rede.
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Faktoren, die optimistisch stimmen
Das Jahr 2019 war vordergründig eines der negativen Nachrichten, weswegen die durchaus positiven Ansätze gar nicht in das Blickfeld rückten. Dazu gehört beispielsweise der Großauftrag durch BMW an das ZF-Werk in Saarbrücken. Allein durch diesen Auftrag für einen neuen Getriebetyp (Hybridtechnik) ist die Auslastung des ZF-Werks in Saarbrücken über Jahre hinweg gesichert. Zwar war nie sicher, ob die Hybridtechnik zukunftsweisend werden würde und es ist nach wie vor ungewiss, doch das ZF-Werk hatte sich für die Produktion entschieden und einen mutigen Schritt gewagt. In Form des Großauftrags durch BMW kam 2019 die Belohnung. Dies ist ein beruhigendes und für die Zukunft optimistisch stimmendes Signal.
Eben diesen Mut, wie ihn das ZF-Werk unter Beweis stellte, wünscht man ebenso den anderen Akteuren in der saarländischen Automobilindustrie. Denn die Perspektiven für das Bundesland, in Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen und bei den neuesten Trends ein prägender Faktor zu sein, sind vorhanden:
- Automatisiertes Fahren: Erforderliche Automatik-Getriebe werden im Saarland reichhaltig produziert.
- Forschungs- und Hochschuleinrichtungen hoher Qualität fördern die Weiterentwicklung und Neuausrichtung der Automobilindustrie im Saarland.
- Eine umfassende IT-Kompetenz im Bereich der künstlichen Intelligenz und Cyber-Sicherheit legen eine hohe Relevanz des Saarlands beim Erarbeiten neuer Technologien nahe.
Der Ministerpräsident der CDU, Tobias Hans, bringt es in einer Aussage treffend auf den Punkt, in der er eine bessere Verzahnung zwischen Automobilindustrie und Wissenschaft befürwortet. So würden die Grundlagen gelegt, dass sich neue Unternehmen ansiedeln und eine Vielzahl an Arbeitsplätzen geschaffen wird.
Zusammenfassung: Saarlands Automobilindustrie befindet sich in einem historischen Umbruch
Es findet in der saarländischen Automobilindustrie ein Umbruch historischen Ausmaßes statt, womit die Probleme bereits erklärt sind. Denn Umbrüche gehen nicht ohne Probleme vonstatten. Genauso, wie die Industrie im Allgemeinen durch die digitale Transformation vor wichtigen Fragen rund um Prozess-Automatisierungen und weitere Aspekte steht, muss sich die saarländische Automobilindustrie nun diesen grundlegenden Fragen stellen und Antworten für die Praxis finden. Doch was positiv stimmt, ist die Tatsache, dass das Saarland, wie im abschließenden Blick auf die Zukunft ersichtlich wurde, über optimale Voraussetzungen dafür verfügt.
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