Simple Industry: Digitaltechnik in der klassischen Produktion

simple industry durch Digitaltechnik

Nicht jede industrielle Problemstellung benötigt eine voll digitalisierte fünfachsige CNC-Fräse oder eine Batterie von drei Dutzend Sensoren und ebenso vielen Aktoren. Auch bei viel einfacher gelagerten industriellen Anwendungen kann digitale Technik sehr viel nützen. Viele Produkte aus industrieller Fertigung sind Ergebnis eines recht simplen Produktionsprozesses. An der grundlegenden Art und Weise der Herstellung hat sich dabei im Laufe der Zeit nicht viel geändert.

Wir haben uns in Produktionsnischen, bei denen man zunächst davon ausgeht, dass die Digitalisierung noch eine geringe Relevanz hat, auf die Suche nach Beispielen gemacht. Simple Industry gehört zu einem der Erfolgsfaktoren, um die auf den ersten Blick als analoge Produktionstechnik ersichtlichen Referenzprojekte, erfolgreich umzusetzen. Doch auf den zweiten Blick bekommen die modernen Produktionsanlagen mit ihrer simplen Grundtechnik durch digitale Technologien weitere Vorteile, die für die Gesamtabwicklung der Produktionsaufträge wichtig sind. Durch die Vernetzung von Mensch, Maschine und Computer, können Aufträge schneller abgewickelt werden, so werden z. B. notwendige Daten direkt an die Fertigungsstraße weitergegeben.

Produktionsbeispiel: Dacheindeckungen

Erstes Beispiel: Betrachtet man sich die Produktionsergebnisse von einem Zulieferer für die Bauindustrie, so ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, dass in diesem Produktionsunternehmen die Digitaltechnik nahezu unverzichtbar geworden ist. Schließlich könnte man davon ausgehen, dass es sich lediglich um große Blechdächer mit einem flachen und weniger herausfordernden Produktionsprozess handelt. In Wirklichkeit gilt es jedoch dem Kunden eine umfangreiche Produktauswahl für maßgefertigte Trapezbleche und Sandwichelemente anzubieten. Die Digitaltechnik hilft kaufmännisch und organisatorisch dabei, unzählige Kombinationen, Farben und Profilgeometrien für das jeweilige Bauvorhaben herzustellen, abzuwickeln und pünktlich auszuliefern.

Blick hinter die Kulissen: Ein glattes Blech wird in eine moderne Rollformanlagen eingeführt. Mit verschiedenen Walzen werden dem Metallstück unter hohem Druck Sicken eingeprägt, so wird es zu einer leichten, robusten Dacheindeckung. Über diesen Link finden Sie weitere Informationen zum Produktionsprozess.

Produktionsbeispiel: Betonplatten

Auch hier liegen der Herstellung von typischen Gehwegplatten simple, analoge Prozesse zugrunde. Der flüssige Beton wird in Formen gegossen und härtet langsam aus. Im Zuge der industriellen Fertigung sind in einer modernen Firma dazu die einzelnen Schritte automatisiert und laufen beinahe ohne menschliches Zutun ab. Die digitale Technik hat dabei eine wichtige Rolle eingenommen.

Produktionsbeispiel: Auto Zier- und Seitenleisten

Ich bin immer noch inspiriert von der Betriebsbesichtigung im Herbst 2015, bei einem Ätztechnik-Unternehmen in Baden-Württemberg, siehe Grundlagenartikel zur Ätztechnik. Öffnet man z.B. die Fahrertüre seines Autos und betrachtet die Seitenleisten, so könnte man denken, wofür man für solch einfache Produktionsergebnisse komplexe und auch digitale Technik benötigen sollte? Doch auch hier trügt der erste Anschein. Weitere Ätztechnik-Fertigteile zeigen in Projektbeispiele zur Ätztechnik auf , dass der Wettbewerbs- und Kostendruck den Produktionsunternehmen keine andere Wahl lässt.

Die Digitaltechnik bringt nicht nur technische Produktionsvorteile mit sich

Höhere Gewinnmargen durch Digitaltechnik

Es ist eine schlichte unternehmerische Tatsache: Je einfacher ein Produkt, desto weniger Schritte vom Halbzeug zum Endfabrikat notwendig sind, desto geringer ist in vielen Fällen auch die Gewinnspanne. Das liegt schlicht daran, dass eine vergleichsweise einfache Veredelung bei vielen Dingen keine allzu großen realen Preissprünge ermöglicht, weil es für Konkurrenten dann ein Leichtes wäre, einen zu unterbieten. An exakt diesem Punkt wird die Investition in digitale Technik bzw. darauf aufbauend moderne Maschinen zu einem enormen Faktor. Denn obschon diese natürlich als einmaligen Einsatz eine Investition von Geldmitteln erfordern und natürlich (gewisse) Wartungskosten haben, steht am Ende eine insgesamt kostengünstigere Produktion. Primär liegt dies daran, dass die Technik, wie noch genauer zu lesen sein wird, eine ganze Menge Fehlerquellen entfernt und sich simpler (lies: kostengünstiger) unterhalten lässt.

Geringere Fehlerquote mittels digitaler Unterstützung

Der Mensch ist, so harsch es klingen mag, eine potenzielle Fehlerquelle – zumindest, wenn man ihn in den direkten Vergleich mit digitaler Technik schickt. So sieht man z. B. große Roboterarme langsamer werden, sobald sich ein Mensch nähert. Losgelöst von der Arbeitssicherheit hat der Mensch im Vergleich zur Maschine folgende Risikofaktoren:

  • Der Mensch ermüdet

  • Er kann bei manueller Rückmeldung falsche Werte ablesen

  • Er kann falsche Einstellungen vornehmen

  • Er kann Fehler machen

  • Er muss bezahlt werden, auch wenn er nicht arbeiten kann

Einige dieser Risikofaktoren wirken sich bei einfachen Produkten häufig noch stärker als bei komplexen Waren aus. Dies vor allem deshalb, weil hier vergleichsweise wenige Menschen die Kontrolle über einen großen Teil der Produktion haben – es sind meist nicht viele Einzelschritte notwendig. Macht eine Person dann einen Fehler, kann unter Umständen ein ganzes Produkt, nicht nur Teile davon, unbrauchbar werden. Übernimmt hier Sensorik die Auslösung eines Vorgangs, misst sie das Erreichen von Schwellwerten, wo es zuvor Menschen getan haben, dann fallen automatisch eine ganze Menge Fehlerquellen weg – denn wenn natürlich auch Digitaltechnik nicht frei von Fehlerpotenzialen ist, so geschieht dies deutlich seltener.

Das spart ganz einfach ausgedrückt viel Geld, welches sich durch die Erzeugung von Ausschussware, die durch menschliche Fehler entstand, ferner einen menschlich bestimmten (=langsameren) Arbeitstakt über einen Zeitraum X durchaus summieren kann. Allerdings kann man diesen Punkt nicht ausführen, ohne auch auf Jobverluste einzugehen. Gibt es eine Sorge, dass Digitalisierung generell un- bzw. angelernte Mitarbeiter bedrohen würde? Ja, die gibt es. Doch zum einen wird dabei häufig ignoriert, dass es kaum noch klassische ungelernte Hilfskräfte in der Industrie gibt, weder bei einfachen noch komplexeren Produkten. Schon seit langem haben die meisten der Belegschaftsmitglieder eine Ausbildung durchlaufen, werden somit höchstens berufsfremd eingesetzt.

Übrigens: Die Bertelsmann-Stiftung fand heraus, dass mittlerweile jeder zweite Ungelernte durch In-House-Trainingsmaßnahmen auf ein vergleichbares Wissens- und Fähigkeitsniveau gebracht wurde; der ungelernte Hilfsarbeiter, für den die einzig mögliche Tätigkeit oft die simpelen Handgriffe an Maschinen ist, existiert in Deutschland vielfach nur noch in den Köpfen.

Die ergänzende Einführung für Digitaltechnik würde die Stellen dieser Leute nicht in der Summe gefährden. Viel mehr würde sie eine weitere Aufwertung ermöglichen – wer zuvor beispielsweise Material in eine Maschine befördert hat (und somit real vielfach überqualifiziert war), bekommt nun höherwertige Aufgaben, etwa die Bedienung, zugewiesen. Überdies ist es auch eine Tatsache, dass gerade das Wissen dieser bisherigen Produktionsmitarbeiter von zentraler Bedeutung für das Lernen der Maschine ist. Somit unverzichtbar, und zwar noch für lange Zeit. Und gerade für Unternehmen, die vom Fachkräftemangel am stärksten betroffen sind, bietet es die Chance, nicht mehr so stark vom Faktor Mensch abhängig zu sein.

Das bedeutet unterm Strich: Entweder kann mit der gleichen Anzahl von Mitarbeitern mehr produziert werden oder aber eine tragfähige Produktionsmenge mit weniger Leuten gestemmt werden.

Schneller, flexibeler und kundenorientierter – dank digitaler Technik

Eingangs haben wir das Beispiel von Gehwegplatten für ein eigentlich simples Produkt angeführt. Allerdings kann der geneigte Leser sich an dieser Stelle jedes nur denkbare Produkt vorstellen.

Denn die zentralen Fragen sind:

  • Warum sind solche Produkte eigentlich simpel?
  • Warum spuckt eine Sägemaschine immer nur die gleichen Nut- und Federbretter aus, höchstens in variierenden Abmessungen?
  • Warum stanzt eine Maschine immer wieder die gleichen Schlüsselrohlinge aus, obwohl ja gerade das Griffstück unzählige Variationsmöglichkeiten bieten würde?

Die Antwort ist einfach:

Weil Umrüstung in bisheriger Form auch an simplen Maschinen oft ein zeitraubender, dadurch ziemlich kostenintensiver Prozess ist, der sich finanziell nicht lohnt und bei dem menschliche Bediener oft zu langsam sind. Hier kommt einer der vielleicht wichtigsten, versteckten, Vorteile von Digitaltechnik in der Produktion zum Tragen: Es ist, mit den richtigen Aktoren an der Maschine und der passenden Software, möglich, diese Umrüstungen viel schneller zu machen und ein zusätzliches Gerät zu integrieren.

Die erwähnte Sägemaschine könnte nach Integration einer simplen, digital gesteuerten Fräse nach Kundenwünschen verzierte Bretter fertigen. Die Schlüsselmaschine könnte vom E-Gitarren-förmigen Türschlüssel bis hin zum gravierten Gesicht alles Mögliche aus dem Griffstück machen – zu einem Bruchteil an Mehrkosten, dafür aber einem höheren Umsatz, weil die Stückpreise angepasst werden könnten. Abermals sind es vor allem einfache Produktionsschritte, die profitieren, weil sie durch vergleichsweise geringe digitale Zutaten eine erhebliche Aufwertung erfahren können und viel attraktiver für den Kunden werden. Dieser Faktor gilt zudem nicht nur bei praktisch jedem Produkt, sondern auch sämtlichen Variationen, die es rein theoretisch haben könnte.

Zusammengefasst

Gerade bei einfachen industriellen Problemstellungen herrscht heute vielfach noch der Glaube vor, dass Digitalisierung hier eine Art „Overkill“ sei, dessen Kosten nicht im Verhältnis zum Nutzen stünden. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall, denn auch bei simplen Anwendungen kann Digitaltechnik punkten, indem sie beschleunigt, variiert, vergünstigt und somit sowohl den Kunden wie den Hersteller bevorteilt.

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