Die Mehrheit der produzierenden Industrie ergreift zu wenig Sicherheitsmaßnahmen gegen Industriespionage und Konkurrenzausspähung. Dabei sind nahezu alle Branchen potenziell bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt das Fraunhofer ISI aus der Erhebung „Modernisierung der Produktion“.
Industriespionage auch für kleine und mittelständische Unternehmen eine Bedrohung
Industriespionage ist die verdeckte und manchmal auch illegale Überwachung von Konkurrenten, mit der Absicht, einen Geschäftsvorteil zu erhalten. Ziele der Spionage können Handelsgeheimnisse und Formeln sein oder Informationen über interne Business-Pläne. In der Regel versuchen Industriespione alle Daten zu bekommen, die irgendeinen Mehrwert für das eigene Unternehmen bieten können. Industriespionage kann im Inneren einer fremden Organisation durchgeführt werden, indem sich ein Industriespion extra anstellen lässt, um an Informationen zu gelangen. Es können aber auch unzufriedene Angestellte mit Daten handeln, um sich einen persönlichen Vorteil zu sichern. Manchmal dringen die Spione auch direkt in Unternehmen ein und durchwühlen die Abfalleimer oder sie hacken sich direkt rein. Diese Variante der Industriespionage wird immer häufiger eingesetzt.
Auch für kleine und mittelständische Unternehmen ist Industriespionage eine Bedrohung. Durch die Digitalisierung ist die Menge an digital verfügbaren Informationen gewachsen. Außerdem haben sich die Kommunikationsprozesse vervielfältigt. Viele Maschinen und Anlagen sind zunehmend in offene Netze eingebunden. Ist ein Leck gefunden, können Informationen in fast beliebiger Detailtiefe direkt über die Produktionssysteme beziehungsweise die Anlagensteuerung abgerufen werden. So kann eine einzige Schwachstelle ein komplettes Unternehmen ruinieren, wodurch zum Beispiel ein Konkurrent nach einer erfolgreichen Industriespionage das gleiche Produkt oder dieselbe Dienstleistung schneller und günstiger auf den Markt bringen könnte.
Insbesondere Elektronik- und Elektroindustrie von Industriespionage betroffen
Das Frauenhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI hat im Rahmen des Projekts WiSKoS Daten der Erhebung „Modernisierung der Produktion“ ausgewertet. Das Ziel war es, herauszufinden, welche Erfahrungen Industriebetriebe diesbezüglich gemacht haben und wie sie sich vor der Spionage schützen. Die Erhebung umfasst Angaben von 1.300 Produktionsunternehmen und wird alle drei Jahre durchgeführt. Eine jetzt erschienene Mitteilung verdeutlicht, dass alle Branchen betroffen sind und dass viele Unternehmen keine ausreichenden Schutzmaßnahmen implementiert haben.
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Rund elf Prozent der Betriebe gaben an, dass es bei ihnen in den vergangenen fünf Jahren einen Fall von Industriespionage gab. Dabei sind vor allem die Elektronik- und Elektroindustrie betroffen. 21 Prozent der betroffenen Betriebe stammen aus dieser Branche. Gefolgt von Maschinenbau und der Chemie- und Pharmaindustrie, die sich den zweiten Platz teilen. Diese machen beide jeweils 16 Prozent aus. Auch interessant ist, dass Betriebe mit Produktionsstätten im Ausland häufiger von Industriespionage betroffen sind. Das trifft auch bei Unternehmen mit einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Ausland zu. Von ihnen sind 20 Prozent betroffen. Bei Unternehmen, die im Inland forschen, sind es 11 Prozent.
Die Einbindung der Beschäftigten ist wichtig
Das Risiko ist vorhanden, dennoch verfügen viele Betriebe nicht über relevante Schutzmaßnamen gegen Industriespionage. Der Zugang zum Betriebsgelände wird nur von zwei Drittel der Industriebetriebe beschränkt. IT-Sicherheitsmaßnahmen haben nur zwei Drittel der Produktinnovatoren und die Hälfte aller anderen Industriebetriebe. Maßnahmen für eine entsprechende Schulung und Sensibilisierung von Beschäftigten bieten nur rund 40 Prozent der Unternehmen an. Außerdem werden die Mitarbeiter, die häufig Zugriff auf sensible Informationen haben, selten in die Schutzmaßnahmen eingebunden. Dabei ist gerade dies wichtig, denn die Erhebung verdeutlichte, dass bei rund der Hälfte der betroffenen Betriebe auch betriebsinterne Personen an der Spionage beteiligt waren. Dabei muss dies nicht unbedingt mit böser Absicht passieren. Die Gründe können auch Unvorsichtigkeit, Fahrlässigkeit und Unwissen sein. Die typischen Beispiele hierfür sind das Öffnen kritischer E-Mails und mangelhaft gesicherte Smartphones oder Tablets.
Laut den Autorinnen der Studie können Unternehmen mit einfachen und kostengünstigen Präventionsmaßnahmen, wie Schulungen, Poster, Bildschirmschoner und im Bereich der Sensibilisierung aller Beschäftigen einen höheren Schutzstatus erreichen. Für die Schulung des eigenen Personals können Unternehmen auf qualifizierte Ansprechpersonen zurückgreifen und müssen nicht eigene Ressourcen verwenden.
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