Kollege Cobot packt mit an – 3 Praxisbeispiele

Kollege-Cobot

Im Jahr 2060 werden in Deutschland über 10 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter leben. So berechnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Entwicklung unserer Bevölkerung voraus. Eine Berechnung, die sich, wenn auch noch nicht flächendeckend, heute schon in einem Mangel an Fachkräften in verschiedenen Bereichen bemerkbar macht. Maschinenbau, Zerspanungstechnik, Kunststoffverarbeitung, Elektroinstallation oder Schweißtechnik sind etwa besonders betroffene Berufsfelder. Der demografische Wandel ist deutlich sichtbar.

Gastautor: Andrea Alboni, General Manager Western Europe, Universal Robots (Germany)

So bietet Automatisierung dem Fachkräftemangel die Stirn

Dass der Fachkräftemangel vor allem im produzierenden Gewerbe eine Herausforderung ist, ist schon seit Längerem bekannt. Demografischer Wandel, unattraktive Tätigkeiten, Imageprobleme – die Betriebe tun sich schwer, qualifiziertes Personal zu finden. Doch es gibt Lösungsmöglichkeiten:

Mit kollaborierenden Robotern – sogenannten Cobots – können fehlende Mitarbeiter kompensiert und unbeliebte Aufgaben abgegeben werden. Den vorhandenen Fachkräften bleibt dann Zeit, sich anspruchsvolleren Tätigkeiten zu widmen. Das motiviert und macht den Arbeitsplatz interessanter. So packen Cobots mittlerweile bei mittelständischen Zulieferbetrieben, kleinen Maschinenbauern oder sogar in Druckereien mit an.

Drei Praxisbeispiele für Cobots im Einsatz

1. VEMA GmbH:
30 Prozent höhere Produktivität!

VEMA-Cobot

Vor der Herausforderung, zu wenig qualifizierte Mitarbeiter zu haben, stand auch die VEMA GmbH aus Krauchwies-Göggingen. Für den schwäbischen Zulieferer, der in den Bereichen Kunststoffverarbeitung, Werkzeugbau und Spritzguss tätig ist, sind Qualität und Präzision das A und O, um seine Kunden aus der Automobil- und Sanitärbranche zu überzeugen. Damit Aufträge auch in Zukunft pünktlich ausgeliefert werden können, sind seit kurzem gleich vier kollaborierende Roboter im Einsatz. Dank ihnen konnte das Team um Geschäftsführer Christian Veser eine dritte Fertigungsschicht etablieren und die Produktivität um ganze 30 Prozent steigern.

Gleichzeitig werden die Mitarbeiter von monotonen Aufgaben entlastet und legen ihr Augenmerk stattdessen auf die so entscheidende Qualitätskontrolle:

Blieben den Angestellten früher 20 Sekunden, um ein Teil zu prüfen und zu verpacken, können sie sich heute ganz auf den Prüfvorgang konzentrieren – den Rest erledigen die Cobots.

Das Besondere: Aufgrund der unkomplizierten Programmierung war der Mittelständler in der Lage, seine Cobot-Anwendungen völlig ohne externes Experten-Know-how zu konzipieren und letztlich auch zu integrieren. Einen Großteil seines Schreckens hat der Fachkräftemangel für die VEMA GmbH so verloren und der Betrieb blickt optimistisch in die Zukunft.

2. Endutec GmbH:
Nachtschicht besetzt!

Beim Sondermaschinenbauer Endutec sorgt ein Cobot für die Bestückung einer CNC-Maschine. Das Unternehmen fertigt die Teile für den Bau seiner Maschinen selbst, um unabhängiger von Lieferanten zu sein. Doch damit sich dies finanziell lohnt und die eigens angeschaffte CNC-Maschine auch ausgelastet ist, muss diese im Zwei-Schicht-Betrieb laufen.

Doch der Fachkräftemangel machte Geschäftsführer Andreas Flieher zunächst einen Strich durch die Rechnung. Es war ihm nicht möglich, die benötigte Nachschicht zu besetzen. Die Lösung kam in Gestalt eines kollaborierenden Roboterarms, der abends, wenn die Mitarbeiter nach Hause gehen, seinen Dienst antritt und über Nacht arbeitet. Die Endutec GmbH ist so in der Lage, seine Maschinenteile in der erforderlichen hohen Qualität und zum richtigen Zeitpunkt zu produzieren – und die Mitarbeiter kommen um die ungeliebte Nachtschicht herum.

3. Gebrüder Geiselberger GmbH:
Lösung für angespannte Märkte!

Kollaborierende Roboter unterstützen inzwischen auch in Branchen, in welchen Automatisierung bisher nicht der erste Gedanke war, wenn es um eine höhere Produktivität ging. Beispielsweise im Druckereiwesen. Dieses muss sich mit einem starken Preisverfall aufgrund der zunehmenden Bedeutung digitaler Medien und zugleich mit dem anhaltenden Fachkräftemangel auseinandersetzen. Denn zu verstaubt wirkt heutzutage der Beruf des Offset-Druckers. Die Gebrüder Geiselberger GmbH hat mit ihrem Standort im bayerischen Altötting noch stärker mit letzterem zu kämpfen, da in der Region Vollbeschäftigung herrscht.

Um auch ohne zusätzliche Mitarbeiter produktiver zu arbeiten, übernehmen dort zwei Cobots Tätigkeiten rund um den Druck und das Handling von Bogenoffsetprodukten. Jeweils an eine Falzmaschine angebunden, helfen die kollaborierenden Roboter dabei, mittels einer Zange schwere Papierbogen auf eine Palette zu transportieren. Diese Aufgabe wurde zuvor manuell ausgeführt und verlangte von den Mitarbeitern ergonomisch ungünstige Bewegungen. Die Gebrüder Geiselberger GmbH profitiert nun von einer 100-prozentigen Maschinenauslastung und kann so auf dem angespannten Markt mithalten.

Weitere Herausforderungen in vielen Fertigungsunternehmen!

Tätigkeiten in der Fertigung finden oftmals im Schichtbetrieb statt, sind anstrengend und monoton. Hinzukommt, dass die Arbeitsumgebung häufig laut und stickig ist. Der Job am Fließband gilt damit als wenig attraktiv oder gar modern. Wer kann, absolviert seine Ausbildung lieber in einem anderen Beruf, der dann vielleicht auch Trends, wie die Digitalisierung, stärker integrieren kann.

Die Problematik zeigt sich jetzt, nach dem Pandemiejahr 2020, noch einmal ganz unmissverständlich:

Die Wirtschaft wächst merklich und Hoffnung macht sich breit. Betriebe schmieden Investitionspläne, tätigen Bestellungen und erwarten Lieferungen. Doch nach Kurzarbeit oder sogar Stellenabbau sieht es in vielen Produktionen mau aus: Statt laufenden Maschinen droht Stillstand trotz hoher Nachfrage. Denn neben häufig fehlendem Rohmaterial, fehlt es auch an Personal.

Cobots auch für KMU

Seit Jahren sind Produktionen ohnehin gezwungen, effizienter und schneller zu arbeiten, um mit dem hiesigen wie internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Im Zuge von technischen Neuerungen steigt daher der Automatisierungsgrad in Fertigungsbetrieben. Und das nicht nur in der für den Einsatz von Robotertechnologie bekannten Automobilindustrie. Denn seit einigen Jahren haben auch kleine und mittelständische Betriebe die Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte zu automatisieren – mit sogenannten Cobots. Das sind kollaborierende Roboterarme, die platzsparend, intuitiv zu bedienen und kostengünstig sind. Voraussetzungen, die für kleinere Firmen entscheidend sind, um den Schritt in die Automatisierung zu gehen. Die Vorteile sind auch, dass Cobots flexibel einsetzbar sind, also für unterschiedliche Tätigkeiten genutzt werden können, und zudem nach einer erfolgreich absolvierten Risikobeurteilung sicher in nächster Nähe zum Menschen arbeiten dürfen.

Ein weiterer Pluspunkt: Cobots wirken sich positiv auf den Fachkräftemangel aus. Denn wo Mitarbeiter fehlen oder Jobs für den Menschen nicht zumutbar sind, kann der Roboter einspringen.

Mit Cobots in die Zukunft

Wie VEMA, Geiselberger oder Endutec setzen inzwischen viele Unternehmen auf Robotertechnologie, um dem Fachkräftemangel zu entgehen – und fahren gut damit. Automatisierung mit Cobots ebnet gerade für KMUs den Weg in die Zukunft. Denn sie kommen so in die Lage, effizienter, genauer und flexibler zu produzieren. Das wiederum schafft die Grundlage, um sich weiterzuentwickeln.

Auf keinen Fall zu vergessen ist dabei allerdings: Der Mensch ist und bleibt essenziell in der Produktion. Er muss daher auf neue Arten des Arbeitens vorbereitet und für den Umgang mit innovativen Technologien qualifiziert werden. Hersteller, Ausbildungsbetriebe und Schulen müssen hier Hand in Hand arbeiten – dann stehen die Chancen gut, den Fachkräftemangel zu überwinden und dauerhaft erfolgreich zu bleiben.

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