Spritzguss: bekannte Technik mit großer Zukunft

spritzguss-Prozess

Das Spritzgussverfahren ist bereits seit Jahrzehnten eine der wichtigsten industriellen Methoden, um schnell und ökonomisch auch sehr große Zahlen von Bauteilen aus Kunststoff herzustellen. Nicht zuletzt dank der Integration digitaler Technologien wird das Verfahren auch in Zukunft ein zentrales Standbein der Kunststoffteilefertigung bleiben.

Eine lange Spritzguss-Geschichte mit erfolgreicher Technik

Kunststoff ist bekanntermaßen schon seit Jahrzehnten zwischen Automobil und Zahntechnik in unzähligen Anwendungsgebieten die erste Wahl. Eine Erfolgsgeschichte par Excellence. Dass es heute so ist und auch in Zukunft so bleiben wird, ist zu einem großen Teil dem Spritzguss zu verdanken. Und dessen Geschichte beginnt bereits im Jahr 1872.

Damals ersannen die US-amerikanischen Gebrüder Hyatt eine Maschine, mit der die zu jener Zeit allerersten Kunststoffe automatisiert in Form gebracht werden konnten. Zwar mutet das System aus dem damaligen Patent aus heutiger Sicht recht rudimentär an, allerdings war der technische Grundstein definitiv gelegt.

Denn beim Spritzguss geht es letztlich immer nur um eines: Flüssiger Kunststoff wird unter Zuhilfenahme von Druck in eine endgültige Form gebracht, in der er dann aushärtet.

Spritzguss Prozessbeschreibung

Spritzguss-Kunststoff-GranulatDieser Prozess beginnt damit, dass das Ausgangsmaterial, in der Regel Kunststoffgranulat, erwärmt wird. Im modernen Spritzgussverfahren geschieht dies als kontinuierlicher Prozess in einem Schneckentrieb: Am hinteren Ende wird das Granulat eingefüllt; während es durch die Schnecke nach vorn wandert, wird es erwärmt, bis es am vorderen Ende zu einer zähflüssigen Masse geworden ist, es erfolgt also eine Plastifikation.

Diese plastifizierte Masse wird nun über eine Düse unter hohem Druck zwischen 500 und 2000 Bar in ein sogenanntes Spritzgießwerkzeug injiziert. Dabei wiederum handelt es sich um eine Hohlform, deren Innenseite als Negativ der späteren Spritzgussteile ausgeformt ist. Heute bestehen diese Formen vielfach aus CNC-gefrästem Metall, alternativ auch aus hochtemperaturbeständigen (in der Regel faserverstärkten) Kunststoffen; historisch kamen aber auch andere Varianten der Formgebung zum Einsatz, darunter sogar das Prinzip der verlorenen Form.

Dadurch, dass das plastifizierte Kunststoffmaterial unter hohem Druck in diese Form eingespritzt wird, verteilt es sich gleichmäßig in der gesamten Form – hierin findet sich auch ein wichtiges Argument für die Ökonomie: Die Formen sind extrem beständig, sodass selbst höchste Stückzahlen bei den Spritzguss-Herstellern ohne merkliche Schwankungen in der Produktqualität und Oberflächenbeschaffenheit angefertigt werden können.

Reihenfolge der einzelnen Produktionsschritte für Spritzguss

  1. Die plastifizierte Kunststoffmasse tritt in Kontakt mit der kühleren Oberfläche des Spritzgießwerkzeugs.
  2. Dadurch werden die äußeren Schichten der Masse sofort heruntergekühlt und verfestigen sich.
  3. Nachdem die für das jeweilige Teil nötige Kunststoffmenge injiziert wurde, wird innerhalb der Form ein leichter Überdruck aufrechterhalten. Dadurch kann weiteres Kunststoffmaterial nachfließen. Das ist nötig, weil der auskühlende und erstarrende Kunststoff andernfalls schrumpfen würde; das Bauteil wäre also kleiner als vorgesehen.
  4. Das Spritzgussteil verbleibt in der Form, bis sich auch sein innerster Kern verfestigt hat. Dann erfolgt das sogenannte Entformen; das zu diesem Zweck geteilte Spritzgießwerkzeug wird geöffnet, das Teil durch einen integrierten Auswerfer ausgestoßen.

Spritzguss-KunststoffteileAnschließend erfolgt gegebenenfalls eine Weiterverarbeitung bis die Spritzgussteile ihre endgültige Form erhalten haben. Hierbei kommt es auch darauf an, zu welcher der drei Kategorien im Spritzguss ein Teil gehört:

  • A-Teile werden höchstpräzise gefertigt.
  • B-Teile werden hochpräzise gefertigt.
  • C-Teile sind geometrisch simplere Teile für geringere Anforderungen.

Spritzguss-Hersteller: Trend geht zum All-Inclusive-Service

Weltweit wurden im Jahr 2018 359 Millionen Tonnen Kunststoff hergestellt – mit einem erheblich großen Anteil an Spritzgussteilen. Die Zeiten der Lieferung von reinen Fertigteilen sind auch im Kunststoffmarkt längst vorbei. Der Trend geht hier zum All-Inclusive-Service. beispielsweise stellt dieser Hersteller von Spritzgussteilen den Kundennutzen „Vom Entwurf bis zum Produktionsteil“ in den Vordergrund.

Je nach individuellen Bedarf zur Fertigung bestimmter Teile werden in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden alle Details zum anstehenden Spritzguss-Prozess geplant. Mit einem All-Inclusive-Service können frühzeitig Fehler vermieden werden und mit einem gemeinsam entwickelten Prototypen, das zukünftige Kunststoffteil, anhand von der technischen Anforderungen (beispielsweise Belastbarkeit, Stoffverträglichkeit oder Temperaturanforderung), abgestimmt werden.

Weitere Inklusivleistungen werden vom Markt i.d.R. nachgefragt:

  • Beratung zu dem für die Anforderungen des Endprodukts am besten geeigneten Kunststoff. (Optik und Haptik, Belastbarkeit, Witterungsbeständigkeit…)
  • Support für die Konstruktion des Bauteils, wie beispielsweise das Erstellen der nötigen CAD-Dateien
  • Anfertigung der notwendigen Spritzgießwerkzeuge
  • Herstellung von Prototypen bzw. Kleinserien
  • Anfertigung der darauf aufbauenden Großserienstückzahlen
  • Nachproduktion auch nach langer Zeit

Spritzgießen – Wie sieht die Zukunft aus?

Aus heutiger Sicht lassen sich dafür drei klare Trends ausmachen:

3D-Druck-Metall1) In jüngster Vergangenheit wurden vielfach Stimmen laut, die dem Spritzguss keine große Zukunft voraussagten. Der Grund: 3D-Druck hat sich in den vergangenen Jahren von einer neuen und wenig ausgereiften Nischenanwendung zu einer erwachsenen Fertigungstechnik entwickelt.

Allerdings kann 3D-Druck nach wie vor nicht alles, das mussten auch große Verfechter einsehen. Insbesondere was die mechanischen Eigenschaften der fertigen Produkte anbelangt, kann der Druck nach wie vor nicht mit der seit Jahrzehnten ausgereiften Spritzgusstechnik mithalten. Mittlerweile hat sich deshalb dieses Konkurrenzdenken gewandelt – von einem Gegeneinander zu einem Miteinander.

Was 3D-Druck besonders gut vermag, ist das Herstellen kleinster Serien, das Prototyping. Für viele etablierte Spritzguss-Hersteller wird die Zukunft deshalb so aussehen, dass sie 3D-Druck vor allem in diesen Bereichen einsetzen, um den Prozess des Produktdesigns zu beschleunigen und zu verbessern. Damit können Entwicklungsschritte besser geplant, können potenzielle Problemstellen frühzeitig erkannt und umgangen werden. Ferner kann 3D-Druck auch genutzt werden, um Kunden, die keine großen Stückzahlen benötigen, eine kostengünstigere Alternative anzubieten.

Im Klartext: 3D-Druck ermöglicht es dem Spritzguss, schneller, effizienter und noch hochwertiger zu produzieren, weil beide Techniken heute und auch in absehbarer Zukunft ihre singulären Stärken haben.

2) Der zweite große Zukunftstrend ist natürlich Digitalisierung. Hier gibt es derzeit in der gesamten Branche starke Bestrebungen, die Produktion durch die Verwendung digitaler Verfahren effizienter, schneller und gleichzeitig einfacher für die menschliche Bedienung zu machen.

Spritzguss Kunststoffteile Neue Materialen Recycling3) Der Einsatz neuer Kunststoffe. So sehr die Welt auf Kunststoffe angewiesen ist, so sehr stehen diese natürlich auch unter Umweltaspekten in der Kritik. Derzeit befinden sich diverse „ökologische Kunststoffe“, vielfach auf Basis biologischer Ausgangsmaterialien, an der Schwelle vom Novum zur Massentauglichkeit. Für die Hersteller im Spritzguss bedeutet das, sich mit neuen Materialeigenschaften befassen zu müssen und solche thermoplastischen Biokunststoffe in ihr Repertoire aufzunehmen. Wahrscheinlich werden diese Kunststoffe es mittelfristig nicht schaffen, herkömmliche Materialien umfassen zu verdrängen. Jedoch werden sie sich in vielen Anwendungen zu einer ersten Wahl entwickeln.

 

Zusammenfassung: Spritzguss versus 3D-Druck

Spritzguss ist im Kunststoff eine Technik, die seit Jahrzehnten etabliert und auch für die Zukunft völlig unverzichtbar ist. Zwar bedingt der derzeitige Wandel, dass die Hersteller an drei unterschiedlichen Stellen Anpassungen vornehmen, allerdings wird dieser Wandel nur dazu führen, dass dieses altbekannte Verfahren auch gegenüber zukünftigen Anforderungen gewappnet ist. Vielleicht werden künftige Spritzgussteile nicht mehr zwingend aus klassischen Kunststoffen bestehen, vielleicht werden sowohl Formen wie Prototypen im 3D-Drucker entstanden sein und Algorithmen die wichtigsten Einstellungen selbst vornehmen; dennoch wird am Ende immer noch ein Spritzgussteil stehen – unzählige Male gefertigt und dennoch in immer gleichbleibend hoher Qualität.

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